„Choo-Choo Charles“ – die Bahn kommt!

„Choo-Choo Charles“ – die Bahn kommt!

Wir landen auf einer kleinen Insel. Dort sollen wir mit unserer kleinen, goldigen Lokomotive umher fahren und dabei mithelfen, „Choo-Choo Charles“ zur Strecke zu bringen. Dazu müssen wir mit verschiedenen Inselbewohnern interagieren und die eine oder andere Mission erledigen, um an Waffen und Ausrüstung zu kommen.

Klingt nach einem ganz normalen Action-Adventure. Ist es aber nicht.

Es ist vollkommen durchgeknallter Horror-Scheiß!

Unsere goldige, kleine Lokomotive, die für die Dauer des Spiels sowohl unser Hauptfortbewegungsmittel als auch unser einziges Kampfmittel gegen Choo-Choo Charles sein wird.

Schon die Einführung ist völlig Banane: Da empfängt uns ein netter Opa und erklärt, wir müssten uns nun für die Jagd rüsten. Er quatscht allerlei kryptisches Zeug über einen Charles, den es zu jagen gilt. Dann führt er uns zu einem Lokschuppen, in dem wir unsere kleine, gelbe Lokomotive in Besitz nehmen.

Kaum begeben wir uns damit auf die Strecke, bricht auch schon die Hölle los. Charles greift an. Und wir lernen: Charles ist ebenfalls eine Lokomotive. Allerdings eine mit einer Clownsfratze vorne drauf. Mit Fangzähnen. Und Charles bewegt sich auf Spinnenbeinen.

Der Führerstand unserer Lok. Es gibt nur drei Hebel: Vorwärts, rückwärts und Stopp. So weit, so unkompliziert. Nur das Timing beim Anhalten erfordert ein klein wenig Übung.

Glücklicherweise ist unsere kleine, gelbe Lok mit einem niedlichen Maschinengewehr ausgerüstet, wie es sich für eine kleine, gelbe Lok gehört. Damit schießen wir dem fiesen Charles erstmal nonchalant in die Fresse. Ebenso gut könnten wir ihn allerdings auch mit Katzenscheiße bewerfen, denn Charles lässt sich von unserer mickrigen Bleispritze so gut wie überhaupt nicht beeindrucken. Stattdessen schnappt er sich unseren Begleiter-Opa und verspeist diesen umgehend, sowohl roh als auch ohne Zwiebeln. Damit sind wir den Opa los und auch erstmal vor Charles in Sicherheit, denn der ist ja schließlich mit dem Opa beschäftigt.

Der Aufrüstungsbildschirm. Allzu viele Punkte gibt es nicht, die wir verbessern können. Dennoch wird eine ziemlich heftige Menge an Schrottteilen benötigt, um die Lok nicht nur zu verbessern, sondern auch noch in Schuss zu halten.

Da man nun nichts Besseres zu tun hat, schaut man also nach, wo der nächstbeste NPC wartet und zuckelt mit seiner Lok los.

Bei den NPCs gibt es drei Sorten von Missionen:

  • Storymissionen, bei denen des gilt, mysteriöse „Rieseneier“ einzusammeln, mit deren Hilfe es möglich sein soll, Choo-Choo Charles aus einem Versteck zu locken und zum Kampf herauszufordern.
  • Waffenmissionen, bei deren Abschluss wir neue und bessere Wummen für unsere eigene Lok bekommen, einschließlich eines Flammenwerfers, eines Raketenwerfers und einer Gatling-Kanone.
  • Sidequests, bei denen wir mit Schrottteilen entlohnt werden, die wir zum Aufwerten oder zum Reparieren unserer Lok brauchen.
Bei NPC Gertrude gibt’s die Gatling-Kanone. Genau genommen sieht Gertrude selbst ein bisschen aus wie eine Gatling-Kanone. Wie eine ziemlich hässliche Gatling-Kanone.

Die Quests sind übrigens irgendwie ziemlicher Quatsch. So stolpert man beispielsweise über eine Art Hexe mit einem Zauberkessel, die den Auftrag erteilt, man möge durch den Sumpf waten und von einer nahen Insel einen toten Fisch für die Suppe beschaffen. Im Wasser lauert allerdings ein Monster, das sich immer wieder nähert. Kommt es zu nahe, dann muss man stehen bleiben, bis es sich wieder verdrückt. Kein Problem.

Wenn man allerdings im Hinterkopf hat, dass irgendwo auf der Insel Choo-Choo Charles sein Unwesen treibt, dann … nun, dann wird es eben doch ein Problem.

Dieses knuffige Maschinengewehr ist anfangs das einzige Kampfmittel gegen Charles.

Die erste Waffenmission ist auch total Banane. Hier muss man lediglich einen brennenden Schuppen löschen. Wer da nicht auf Anhieb schnallt, wie man das anzustellen hat, der gehört mit einem lebenslangen Videospielverbot belegt.

Lediglich die Storymissionen sind teilweise ein wenig tricky. Charles hat nämlich einige Anhänger, die ihn buchstäblich anbeten. Und diese Anhänger sind mit Shotguns ausgestattet. In den Storymissionen (und auch einigen Nebenmissionen) bekommen wir es mit diesen Deppen zu tun und müssen uns an ihnen vorbeischleichen. Das kann stellenweise ziemlich kniffelig werden. Bislang habe ich es allerdings immer geschafft, im Falle einer Entdeckung einfach loszurennen, mein Ziel zu erfüllen und dann Fersengeld zu geben. Die Jungs schießen nämlich ungefähr so präzise wie besoffene Stormtrooper!

Darum dreht sich alles: Metallschrott. Diesen brauchen wir, um unsere Lok aufzuwerten oder zu reparieren. Und man kann nie genug davon haben.

Man fährt übrigens nicht nur mit der Lok über das Schienennetz von Station zu Station. Stattdessen muss man auch nicht unbeachtliche Wege zu Fuß zurücklegen. Unterwegs findet man immer wieder mal Metallschrott, den man einsammeln kann. Oder die eine oder andere Beutekiste, in der sich – man ahnt es schon – noch mehr Metallschrott befindet.

Außer Metallschrott gibt es eigentlich nur einige Textbotschaften zu entdecken, die nach und nach darüber Auskunft geben, was es eigentlich mit Choo-Choo Charles und Warren, dem Minenbesitzer, der offenbar hinter dem ganzen Übel steckt, auf sich hat.

Beinahe überall sind solche Textbotschaften zu finden, die nach und nach das Geheimnis um Choo-Choo Charles und Warren, den Minenbesitzer, lüften.

Nach ca. 4 Stunden Spielzeit dürfte der Spaß dann vorüber sein, habe ich mir sagen lassen.

Spaß?

Also, mal im Ernst: Die ganze Prämisse ist Bockmist und das Spiel sieht beschissen aus! Die Grafik ist grob, alles ist eckig und irgendwie sind den Entwicklern haufenweise Polygone abhanden gekommen. Das Gameplay ist so seicht, dass man noch nicht mal nasse Socken bekommt. Und die NPCs sind dermaßen potthässlich, dass es schon fast weh tut. Ehrlich, wer es schafft, sich Gertude schön zu saufen, der bekommt von mir einen Kasten Bier.

Alles in allem ist das ganze Spiel ein Riesenhaufen Bullshit.

Ein unfassbar „stimmungsvoller“ Sumpf, durch den wir waten dürfen. Dabei müssen wir uns vor dem Sumpfmonster in Acht nehmen.

Aber: Es ist ein unfassbar guter Bullshit!

Die Grafik ist scheiße, aber sie funktioniert. Auf der Switch läuft alles absolut rund und die Steuerung ist angenehm direkt. Und irgendwie haben es die Entwickler geschafft, eine übelst bedrückende Stimmung zu schaffen. Die ganze Insel ist saumäßig unheimlich. In jeder Ecke ist völlig klar, dass hier irgendetwas monströs schiefgegangen ist.

Dazu dann noch das Sounddesign. Das ist wirklich Weltklasse! Permanent spitzt man die Ohren. Ist das im Hintergrund eine Grille? Oder ist das die Pfeife von Charles, die dessen Ankunft ankündigt?

Ist man mit seiner Lokomotive unterwegs, dann ist die Sache nur halb so schlimm. Immerhin hat man dann meist nach kurzer Zeit schon ein hübsches Arsenal an Wummen, mit denen man zurückballern kann – auch wenn das gerade am Anfang nicht sonderlich viel bringt. Muss man allerdings längere Strecken zu Fuß zurücklegen, was ziemlich oft passiert, dann sieht die Sache ganz anders aus. Dann ist man nämlich völlig unbewaffnet und den Attacken von Charles schutzlos ausgeliefert.

Hier ein kleiner Clip, den ich eher versehentlich aufgenommen habe. Er zeigt ziemlich drastisch, was passiert, wenn man in freiem Gelände von Charles überrascht wird …

Läuft man beispielsweise ein ganzes Stück zum Missionsziel, nur um dort dann auf freiem Gelände vor einer verschlossenen Tür zu stehen, dann wird man schon ein bisschen nervös und spitzt die Ohren wie Mr. Spock, ob nicht von irgendwoher eine Zugpfeife ertönt. Wenn sie das tut, dann war’s das nämlich.

In jedem Fall ziehe ich meinen Hut vor den Entwicklern. Entweder haben die wirklich tonnenweise Arsch in der Hose, eine derartige Nummer abzufackeln, oder sie waren einfach nur stinkbesoffen beim Programmieren. Wie auch immer, sie haben mit „Choo-Choo Charles“ wirklich eine denkwürdige Horror-Nummer rausgehauen. Momentan ca. 18 Euro im Nintendo Store. Sollte man sich nicht entgehen lassen!

Niels

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