Dredge – heute schon gebaggert?
In den letzten Wochen ging irgendwie bei den Videospielen alles drünter und druber. Permanent landeten irgendwelche wirklich interessanten Sachen auf meinem Rechner oder meiner Switch, sodass ich in einer Art endlosem Gameplayloop gefangen war. Zwischenzeitlich geriet damit auch der Modellbau ins Hintertreffen – ganz zu schweigen von meiner eigenen Webseite, auf der ich nun schon seit Wochen nichts mehr gepostet hatte.
Aber dann lief mir auf der Switch im Sale eine echte kleine Perle über den Weg, in der ich am zurückliegenden Wochenende ziemlich intensiv unterwegs war. Nämlich diese hier:
Ich hatte schon Testberichte über dieses „Horror-Adventure“ aus dem Hause Team 17 gelesen und mein grundsätzliches Interesse war ohnehin geweckt. Als ich das Spiel dann für schlanke 18 Euro im Sale entdeckte, musste ich gleich mal zuschlagen. Horror? Bei dieser merkwürdigen Comicgrafik? Das musste ich mir unbedingt anschauen!
Worum geht es?
Man übernimmt die Rolle eines Seefahrers, der in dem Städtchen Großmark, das auf einer kleinen Insel gelegen ist, seinen Job als Fischer annimmt. Blöderweise hat unser namenloser Seemann seinen eigenen Kutter kurz zuvor an den Klippen nahe des Leuchtturms von Großmark zerdeppert. Deswegen bekommt man vom Bürgermeister, der sich schon auf jede Menge frisch gefangenen Fisch freu, zunächst einen schäbigen, alten Kahn zur Verfügung gestellt. Die Ausrüstung ist altersschwach und der Motor tuckert nur noch müde vor sich hin, doch immerhin kann man den Kutter noch verwenden, um seinem Kerngeschäft nachzugehen: Dem Fischen. Und das muss man auch, denn schließlich soll das Geschäftsleben im Ort angekurbelt werden. Außerdem muss man das kleine Bootchen auch noch beim Bürgermeister abbezahlen.
Also zuckelt man los und stolpert schon direkt bei der Hafeneinfahrt über den ersten Fischschwarm. Wirft man die Angel aus, startet ein kleines Timing-Minispiel, an dessen Ende man einen Fisch im Laderaum platzieren kann. Alleine das ist schon tückisch, denn der Raum ist eng begrenzt. Früher oder später muss man die Fische in bester Tetris-Manier platzieren, um möglichst viel unterzubekommen.
Allzu lange darf man allerdings nicht unterwegs sein. Schließlich wurde man gewarnt, man solle zum Anbruch der Nacht wieder im Hafen sein und dafür sorgen, dass man stets gut ausgeruht ist. Und tatsächlich: Kaum geht die Sonne unter, geht etwas Unheimliches auf dem Meer vor sich. Merkwürdige Nebel steigen auf, eigenartige Kreaturen kommen an die Wasseroberfläche, Geisterboote rauschen heran und versuchen, den eigenen Kutter zu rammen und fluoreszierende Tornados fegen über das Wasser. Passt man nicht auf, dann nimmt das Boot Schaden – und der muss gegen teuer Geld repariert werden.
Geht aber alles glatt, dann läuft man rechtzeitig einen Hafen an und verkauft seinen Fang. Und sobald das Boot abgezahlt ist, was man schon recht bald schafft, dann beginnt das muntere Spielchen mit den Verbesserungen. Man lernt nämlich recht schnell die örtliche Schiffsbauerin kennen, die einiges an Ausrüstung in ihrem Laden anbietet. Vieles muss allerdings erst erforscht werden, wofür man sogenannte Forschungsteile einsetzen muss.
Und dann ist da noch der dubiose „Sammler“, der den Fischer beauftragt, einige Artefakte von gesunkenen Schiffen zu bergen. Hierzu benötigt man eine Baggerausrüstung, mit deren Hilfe sich Schiffswracks in Küstennähe plündern lassen – natürlich auch wieder mit entsprechendem Minispiel.
Der Sammler verleiht dem Fischer als Belohnung noch zusätzliche Fähigkeiten. Den Anfang macht „Eile“ – eine Art Geschwindigkeitsboost für das Boot, der in Paniksituationen aktiviert werden kann. Doch der erweist sich dann recht schnell als zweischneidiges Schwert, denn er schrottet ziemlich zuverlässig den Motor. Danach geht es nur noch im Zeitlupentempo weiter. Und die Reparatur ist teuer …
Und wie man es sich vorstellen kann: Die dicksten Fische und die fetteste Beute gibt es natürlich nicht um die Ecke, sondern an den am Weitesten entfernten, gefährlichsten Stellen. Oder, um es noch schlimmer zu machen, nur bei Nacht. Besser also, man rüstet den Kutter ordentlich auf, bevor man sich daran macht, die ganz üblen Geheimnisse zu erforschen.
Jetzt mal ehrlich: Die Grafik ist zwar ganz hübsch, aber andererseits auch irgendwie simpel. Die Story ist zwar ordentlich mysteriös, aber gerade am Anfang nicht überaus spannend. Und das Gameplayloop, bestehend aus Minispielchen, ist auch nicht der Bringer. Aber trotzdem hat „Dredge“ etwas, das mich beinahe sofort in das Spiel hineingezogen hat.
Vielleicht ist es gerade die Ruhe, mit der das Ganze zu Werke geht. Klar, wenn man um 3 Uhr morgens noch auf dem freien Meer rumschippert und irgendein Seeungeheuer taucht auf, dann kann es mal hektisch werden. Doch ansonsten geht das Spiel eher ziemlich entspannt zu Werke. Außerdem ergibt sich mit dem System der Verbesserungen auch eine Motivationsschleife. Nur noch ein Fanggebiet. Nur noch ein Wrack. Nur noch eine Insel weiter. Und zack, schon hat man den halben Nachmittag verdaddelt. Ein klein wenig erinnert mich das an ein anderes Werk von Team 17, nämlich an „Genesis Alpha One“. Dort kommt man auch nur schwer aus dem Gameplayloop wieder raus.
Und so simpel die Grafik auch sein mag, sie schafft es trotzdem, wirklich schicke Stimmungen zu erzeugen. Manchmal schippert man einfach nur dahin und erfreut sich an einem schönen Panorama mit Sonnenuntergang.
Um es nochmal kurz aufzugreifen: Horror? Nun ja, eigentlich nicht. Nächtens gibt es den einen oder anderen Schreckmoment, wenn irgendwelche Geisterschiffe oder Viecher auftauchen, sie sich plötzlich nicht mehr abschütteln lassen. Doch echte Horrorstimmung kommt bei dem Ganzen nicht auf. Auch die teilweise ziemlich finsteren Figuren, denen man im Laufe der Zeit begegnet, wecken eher Interesse, anstatt für ein mulmiges Gefühl zu sorgen.
Dennoch hat die ganze Geschichte durchaus eine bedrohliche „Grundschwingung“. Vom ersten Moment an ist klar, dass in diesem Seegebiet irgendetwas ganz und gar nicht stimmt. Soweit ich gelesen habe, wird sich dieser Verdacht am Ende der Story bewahrheiten, sobald man eines von zwei möglichen Enden erreicht hat. Angeblich gibt es nur ein schlechtes Ende und ein geheimes gutes Ende, das man allerdings nur freischalten kann, indem man eine ganz bestimmte Vorbedingung erfüllt. Ich habe eine Anmerkung gesehen, dass es wohl mit einem Buch zusammenhängt, das man im Laufe der Geschichte lesen kann. Oder eben nicht.
Aber das werde ich noch rauskriegen, denn ich werde in den nächsten Tagen ganz sicher noch ziemlich oft baggern gehen.