Gerade steht „Sons of the Forest“ in den Startlöchern und schickt sich schon im Early Access an, zum Genreprimus aufzusteigen. Und Scheiße nochmal, das Ding sieht wirklich phantastisch aus! Doch was mache ich? Ich entdecke per Zufall in irgendeinem Kommentar in irgendeinem Forum einen Hinweis auf ein kleines Indie-Spiel namens „The Infected“ und beschließe prompt, dem Ding eine Chance zu geben. Warum auch nicht, denn für stolze 12 Euromark auf Steam kann man nicht viel falsch machen. Oder?

Soweit ich nachvollziehen konnte, weilt „The Infected“ seit August 2020 im Early Access auf Steam. Über die Entwickler, „DigX Studios“, konnte ich nicht allzu viel herausfinden – außer, dass die Kollegen auf Facebook vertreten sind und dort auch regelmäßig Updates aus der Entwicklungsschmiede posten. Es scheint also voranzugehen mit dem Projekt. Daher besteht Hoffnung, dass es sich nicht um eine Entwicklungsgurke wie „Fear the Night“ handelt, die während der Early Access Phase völlig sang- und klanglos aufgegeben wurde und heute als halb fertiges Produkt auf Steam herumeiert.

„The Infected“ reiht sich bei den Survivalspielen ein, die den Fokus auf eine permanente Bedrohung legen. Bekannte Vertreter dieses Genres sind beispielsweise „7 Days to die“, „The Forest“, „Night of the Dead“ oder eben das oben schon genannte „Fear the Night“. Und wie in allen hier genannten Spielen, gilt es auch in „The Infected“, die eigene Spielfigur in einer offenen Spielwelt am Leben zu erhalten, indem man Materialien sammelt, daraus Gegenstände und Nahrung craftet, der Witterung trotzt und nebenbei auch noch allerlei feindliches Gewänz bekämpft.

Die Story ist dabei rasch erzählt: Irgendeine Seuche bricht aus, ein Impfstoff wird entwickelt und der Wunschtraum aller Querflötendenker und Impfskeptiker wird wahr: Die ganze Geschichte geht drastisch in die Hose. Die Geimpften mutieren zu einer Mischung aus Vampiren und Zombies – sogenannten „Vambies“. Glücklicherweise ist der Spielcharakter jedoch weitestgehend immun und landet auf der Suche nach seinen Verwandten in einem Waldstück, wo er sich nun gegen angreifende Vambies und wilde Tiere verteidigen muss. Und ja, natürlich ist diese „Story“ völlig Banane. Dennoch soll sie für die Situation, in der wir uns bei Spielstart befinden, als Erklärung genügen.

Das Hauptmenü. Lustig: Allzu viele Optionen gibt es derzeit noch nicht. Vielleicht kommt irgendwann noch ein Multiplayer dazu.

Bevor wir uns in die Vambie-Apokalypse stürzen, müssen vorab noch einige Punkte geklärt werden. Zunächst einmal sei die Version des Spiels genannt: Es handelt sich um die Early Access Version 13.0.8. Das letzte Update datiert aus dem September 2022. Die letzten Infos über den Entwicklungsfortschritt wurden Anfang Februar 2023 auf Steam veröffentlicht. Im Augenblick handelt es sich um eine reine Singleplayer-Erfahrung. Die Einstellmöglichkeiten in den Optionen sind recht überschaubar und selbsterklärend. Hinsichtlich der Grafik habe ich die höchstmöglichen Einstellungen gewählt. Spielstände werden geräteübergreifend in der Steam Cloud gesichert.

Grundeinstellungen für ein neues Spiel. Wer möchte, der kann das Ganze auch in einem Kreativmodus betreiben, ohne von Vambies behelligt zu werden.

Beim Start eines neuen Spiels hat man zunächst einmal die Möglichkeit, mit allerlei Optionen herumzuspielen. Hier ist es nicht nur möglich, den Tag-Nacht-Rhythmus (und damit auch die Länge der Jahreszeiten) zu beeinflussen, sondern man kann das Spiel auf Wunsch sogar komplett „entschärfen“, indem man alle Survivalmechaniken und Bedrohungen herausbügelt. Die Einstellmöglichkeiten an der KI sind hierbei sogar recht umfangreich. Auf Wunsch kann man beispielsweise ein Schaf in einen Alpha-Predator verwandeln. Das habe ich noch nicht ausprobiert, doch irgendwie klingt es ganz reizvoll für eine künftige Spielsession.

Ich bin zwar noch nicht lange genug im Spiel, um irgendwelche Empfehlungen abzugeben, doch in diesem Fall rate ich dennoch dazu, für den Einstieg einfach alles so zu lassen, wie es ist. Für die ersten Stunden im Spiel haben sich diese Einstellungen als sehr praktikabel für mich erwiesen und die Anzahl der Bildschirmtode hielt sich in engen Grenzen.

Und dann geht es auch schon los: Man landet (bzw. startet) in einem mehr oder weniger (in diesem Fall weniger) idyllischen Waldgebiet und darf sich durch das Tutorial wuseln.

Willkommen in der Apokalypse. Sieht eigentlich ganz friedlich aus – ist es aber nicht!

Natürlich fängt es genau so an, wie man es sich bei einem Crafting-Survival-Spiel vorstellt: Sammele einen Ast und einen Stein, fertige eine Steinaxt an. Danach folgt der Steinpickel und dann geht es auch schon mit den ersten Arbeitsstationen und Nahrungssammlern los. Das Craftingsystem erinnert dabei recht stark an „The Forest“: Kleinere Gegenstände und Werkzeuge können direkt an einer Art mobilem Arbeitstisch gefertigt werden. Größere Strukturen wie z. B. Sägetische oder später auch Fundamente und Mauern, werden zunächst in der Spielwelt platziert und dann mit den entsprechenden Rohstoffen „befüllt“. Bei den ersten Gegenständen werden lediglich Rohstoffe benötigt, die ohnehin in der Spielwelt herumliegen, doch schon bald müssen die Rohstoffe bearbeitet oder verfeinert werden, um komplexere Rezepte zu bedienen. Alles in allem ein recht solides und zugängliches System.

Natürlich muss recht bald eine Dach über dem Kopf her, denn das Wetter ändert sich oft und gerne. Etwas Schutz ist generell eine gute Idee, denn früher oder später werden sich wilde Tiere und Vambies in die Nähe der Basis verirren und dort Randale machen. Interessant in diesem Zusammenhang: Bei mehreren Spielstarts sind die Vambies zu unterschiedlichen Zeiten aufgetaucht. Beim ersten Versuch hatte ich sie bereits am 2. Tag am Hals, bei anderen Versuchen erst am 5. Tag. Dafür tauchte dann am 3. Tag schon ein Bär auf …

Beim Bau einer ersten Hütte fällt schnell auf, dass das Bausystem nicht ganz so flexibel ist wie das Voxelsystem in „7 Days to die“. Stattdessen erinnert es stark an Spiele wie z. B. „Icarus“ oder „Valheim“, indem es auf vorgefertigte Teile setzt, die man in der Landschaft platzieren und in einem Baukastensystem miteinander kombinieren kann. Unerwartete Schwierigkeiten bereitete mir dabei der Bau eines einfachen Satteldaches auf einer 3×3 Felder großen Hütte, was hinsichtlich der Teileauswahl eigentlich problemlos hätte funktionieren sollen. Da die Teile wider Erwarten jedoch nicht zusammenpassten, wurde schlussendlich ein Hybrid aus Sattel- und Flachdach daraus.

Raum ist in der kleinsten Hütte – und wer Stunk sucht, der wird kurzerhand aufgespießt. So sah einer meiner ersten Basis-Versuche aus. Sonderlich effektiv war das alles jedoch nicht …

Hat man die Grundlagen geschaffen und halbwegs erkannt, worauf es beim Bausystem ankommt, dann füllt sich die Hütte recht bald mit Apparaturen wie einer Workbench, einem Amboss, verschiedenen Schmelzöfen, Aufbewahrungsbehältern und allerlei mehr Gerätschaften. Natürlich darf auch ein Bett nicht fehlen, das sowohl als Ruhestätte als auch als Respawnpunkt dient.

Neben dem Crafting spielt natürlich der Survivalaspekt eine große Rolle. Die Spielfigur muss essen und trinken. Sie benötigt der Jahreszeit angemessene Kleidung, sie sollte regelmäßig ausruhen und bei Bedarf medizinisch versorgt werden. Die Nahrungsbeschaffung und -verarbeitung stellt dabei schon zu Anfang kein allzu großes Problem dar, denn verschiedene essbare Pflanzen wachsen in der freien Wildbahn und allerlei Tiere springen in der näheren Umgebung umher. Glücklicherweise sind selbst Frösche genießbar. Im späteren Spiel lassen sich dann Pflanzen anbauen und größere Tiere jagen. Sehr komfortabel fand ich dabei die etwas aggressiveren Spezies wie z. B. Bären und Wildschweine, die sich als sehr „entgegenkommend“ erwiesen, nachdem ich ihnen den ersten Treffer versetzt hatte. Man muss sich allerdings neben einer möglichst ausgewogenen Ernährung auch darum kümmern, die Nahrung haltbar zu machen, denn der Winter naht mit Riesenschritten – und mit dem Winter auch eine gewisse Nahrungsknappheit in freier Natur. Glücklicherweise bietet das Spiel auch hierfür recht gute Möglichkeiten, auf die ich an dieser Stelle nicht im Detail eingehen möchte. Ich muss allerdings erwähnen, dass „The Infected“ nicht vor dem nahenden Winter warnt. Hätte ich nicht zwischenzeitlich ein wenig im Netz nach Tipps zum Spielstart recherchiert, so hätten mich sowohl der erste Winter als auch die erste Vambie-Horde gnadenlos überrascht!

Neben der Material- und Vorratsbeschaffung gibt es auf der Karte noch einiges zu entdecken. Die Map ist zwar nicht so umfangreich und so vielseitig wie z. B. die Map von „Icarus“ mit ihren vielfältigen Biomen, doch auch in „The Infected“ gibt es einiges zu sehen. So können Höhlen erkundet werden, man kann seine Vorräte an einem Fischteich aufstocken, gegen Alligatoren kämpfen oder – was für mich ein Highlight darstellte – gleich mehrere verlassene Dörfer nach Loot durchsuchen.

Die heimlichen Stars des Spiels sind natürlich die Vambies. Anfangs halten sie sich dezent im Hintergrund, doch ab einem gewissen Zeitpunkt tauchen sie immer wieder in der Nähe der Basis auf und attackieren entweder die Spielfigur, sofern sich diese in der direkten Sichtlinie befindet, oder alternativ die Strukturen, die man in die Landschaft gebaut hat. Dann heißt es: Waffe zücken und auf sie mit Gebrüll!

Die Kämpfe verlaufen nach beinahe exakt dem gleichen Schema wie in „The Forest“. Die Vambies taktieren ein wenig und greifen dann mit kurzen Vorstößen an, denen man mit etwas Timing ausweichen kann. Mit einer schwerfälligen Steinaxt ist die Verteidigung zwar möglich, gestaltet sich wegen des etwas unkomfortablen Trefferverhaltens aber etwas schwierig. Mit einem Steinspeer oder einem Katana hingegen – zwei Waffen, die schon früh im Spiel gecraftet werden können – lässt sich ein Vambie recht zügig niederpieksen.

In Anlehnung an „7 Days to die“ greifen in bestimmten Abständen auch in „The Infected“ Vambie-Horden die Spielerbasis bzw. die Spielfigur direkt an. Die erste dieser Horden habe ich noch nicht erreicht, doch sie soll gerade einmal drei Vambies umfassen und damit recht leicht zu knacken sein. Darüber hinaus bringt der Bildschirmtod kaum Nachteile mit sich – man spawnt wieder auf dem Bett oder am ursprünglichen Startpunkt, je nachdem, ob man ein Bett als Spawnpunkt gesetzt hat oder nicht. Dann kann es gleich weitergehen mit dem munteren Gekloppe.

Mein Fazit nach 10 Stunden im Spiel:

Ich muss gestehen, „The Infected“ macht mir momentan weit mehr Spaß als viele der anderen Crafting-Survival-Spiele, die ich in meiner Bibliothek habe – und das sind einige! Alleine die Tatsache, dass ich das Spiel gleich an mehreren Tagen hintereinander startete und mich zwischendurch im Netz nach Tipps zum Spielstart erkundigte, deuten schon auf den Spaß hin, den mir die ganze Sache macht. Dabei muss man berücksichtigen, dass ich noch an der Oberfläche herumkratze und im Grunde noch nicht viel vom Spiel gesehen habe!

Wie es bei Sandbox-Games nun einmal so ist, wird sich auch bei „The Infected“ nach einer Weile ein Sättigungseffekt einstellen, wie ich ihn nach einer gewissen Zeit auch in „7 Days to die“ erlebt hatte. Irgendwann hat man genug erreicht, um mit jeglicher Bedrohung fertig zu werden. Außerdem hat man alle notwendigen Fähigkeiten und Ausrüstungsgegenstände erlangt, um autonom überleben zu können, ohne auf Nahrungssuche gehen zu müssen. Dies ist dann in der Regel der Punkt, an dem die Sandbox uninteressant wird. Doch bis dahin ist es noch sehr, sehr weit. Insbesondere, wenn ich wirklich nahezu alle Bauoptionen und Möglichkeiten ausprobieren möchte.

Bleibt abzuwarten, was DigX Studios noch nachlegen wird. Offenbar sind noch eine Reihe neuer Spielinhalte geplant. Unter anderem ist ein neuer Gegnertyp in der Pipeline – eine Mischung aus Werwolf und Zombie. Ob das dann wohl der „Werwombie“ wird? Wir werden es (hoffentlich) sehen. Und selbst wenn ab sofort keine Inhalte mehr nachgereicht würden: Es gibt eine Unmenge zu craften und zu entdecken. Ich werde mich also durchaus noch eine Weile zu beschäftigen wissen – sofern das Spiel nicht auf andere Weise seinen guten Eindruck einbüßt.

Was mir weniger gut gefällt, sind einige Mechaniken des Craftings und des Lootens. So habe ich beispielsweise noch keine Tastenkombinationen entdeckt, um Gegenstände zwischen unterschiedlichen Inventaren oder Workbenches hin und her zu verschieben, wie es beispielsweise in „7 Days to die“ vorbildlich gelöst ist (edit: inzwischen habe ich diese Möglichkeit entdeckt, wobei für meinen Geschmack jedoch noch einige Funktionen fehlen).Generell funktioniert das Crafting hier und dort etwas hakelig, wenn ich beispielsweise drei Stöcke, eine Steinklinge und fünf Pflanzenfasern auf die Workbench bugsieren muss, um einen Steinspeer herzustellen, und dabei verschiedene Materialstapel erst mehrfach teilen und teilweise in Einzelstücken hin und her verschieben muss. Und wer sich einmal richtig nerven möchte, der kann versuchen, mit nur einem einzigen Schmelzofen 10 Eisenbarren für den Fleischertisch herzustellen. Das wird dann richtig quälend.

Grafik und Sound benötigen hier und dort auch noch einiges an Politur. Einige Animationen sind noch ziemlich ungelenk und verschiedene Tiere springen umher, als hätten sie Raketentreibstoff gesoffen. Außerdem gibt es verschiedene Glitches. So verabschiedeten sich gleich mehrfach Holzscheite, die ich fallen ließ, indem sie durch den Boden clippten und im Nirvana verschwanden. Doch dafür ist das Spiel noch im Early Access und es kann noch vieles gerichtet werden, bevor es zum Release kommt.

Kann ich den ganzen Spaß nun auch wirklich empfehlen?

Einfache Antwort: Ja, uneingeschränkt! Wer Spiele wie „The Forest“ oder „Icarus“ mag, der wird mit „The Infected“ bestens klarkommen (und schlimmstenfalls behaupten, es handele sich um einen kackdreisten Klon). Ich habe bis jetzt für 12 Euro 10 Stunden Spaß bekommen – das ist fast schon mehr, als man von der Singleplayer-Kampagne eines durchschnittlichen „Call of Duty“-Spiels behaupten kann. Und das kostet dann gleich mal das Fünffache. Also: Willst Du craften und surviven, kannst Du hier gern zugreifen!