Wenn es eine Sache gibt, die mir beim Modellbau gewaltig auf den Zeiger geht, dann ist es die Kombination aus Spachteln und Schleifen. Ehrlich, wenn ich Schmirgelpapier in die Hand nehmen muss, dann wachsen mir Hörner! Dementsprechend sehen die Klebenähte vieler Bausätze bei mir spätestens auf den zweiten Blick auch ziemlich durchwachsen aus. Hinzu kommt auch noch, dass viele Sorten Spachtelmasse nicht unbedingt so funktionieren, wie ich es mir wünsche. Die einen trocknen ratzfatz aus, die anderen trocknen überhaupt nicht und wieder andere fallen in sich zusammen und hinterlassen am Ende mehr Ritzen und Canyons, als vorher vorhanden waren – vermutlich, weil ich einfach zu ungeschickt und ungeduldig bin und irgendwie Mist baue.
Wie man sich vorstellen kann, bin ich deswegen ständig auf der Suche nach alternativen Methoden. So kam ich beispielsweise zu einem elektronischen Schleifgerät, das mir schon sehr gute Dienste erwiesen hat. Und so stolperte ich eines Tages auch über das Wachsspachtelgerät.
Anfangs war es für mich nur schwer vorstellbar, meine Bausätze mit Wachs zu verspachteln. Genau genommen hatte ich keine rechte Vorstellung, wie so etwas funktionieren sollte. Ich las nur, dass die Geräte in der Dentaltechnik Anwendung finden und beim Modellbau als ausgezeichnete Alternative zu herkömmlichen Spachtel- und Schleifmaterialien gehandelt werden.
Nachdem ich einige Loblieder gelesen hatte, die auf diese Geräte gesungen wurden, entschied ich spontan, die ca. 60 Euro für ein Wachsspachtelgerät Rai-Ro ZEP-71 zu investieren. Es lag zwar noch ein Angebot der Firma Startec auf dem Tisch, doch die Firma Rai-Ro war schlicht und ergreifend schneller. Vom Preis her hätte es sich auch nichts gegeben – Startec hätte für das Gerät, das ich ausgeguckt hatte, den gleichen Preis aufgerufen. Ich möchte sogar fast wetten, dass die Geräte innerhalb ihrer Gehäuse nahezu baugleich sind.
Das ZEP-71 wirkt auf den ersten Blick wie eine winzig kleine Lötstation mit einem Spielzeuglötkolben. Es gibt lediglich einen Drehknopf, um die Temperatur einzustellen. Der Lötkolben kommt mit einer klingenförmigen Spitze daher, die man bei Bedarf auch gegen andere Spitzen austauschen kann. Ich habe inzwischen noch eine etwas feinere Variante ausprobiert, bin aber schlussendlich wieder zur „Klinge“ zurückgekehrt, weil ich damit die besten Ergebnisse erzielen konnte. Wie ich feststellen musste, ist mir die zweite Spitze offenbar im Lauf der letzten Jahre abhanden gekommen; möglicherweise ein Opfer unseres letzten Umzuges.
Um gleich loslegen zu können, hatte ich mir noch drei Sorten Wachs gleich mitbestellt: Eine Sorte zum füllen kleinerer Spalten oder zum Modellieren kleinerer Teile (was ich offen gestanden noch nie versucht habe), eine Sorte zum Verfüllen größerer Spalte und flexibles Wachs für stark beanspruchte Stellen.
Wie man auf dem Bild erkennen kann, kamen alle drei Sorten bereits reichlich zur Anwendung, doch die Mengen sind sehr ergiebig, sodass hier in keinem Fall höhere Kosten entstehen – selbst wenn man für den Rest seines Lebens nur noch alte Airfix-Modelle baut.
Um mit dem Spachteln beginnen zu können, muss die Spitze des Gerätes zunächst einmal auf Temperatur gebracht werden. Der Schmelzpunkt des Wachses liegt irgendwo zwischen 60° und 80° C – hier ist ein wenig Ausprobieren angesagt. Bei meinem Gerät genügt eine Einstellung zwischen Stufe 4 und Stufe 5. Das Aufheizen selbst dauert nur wenige Sekunden.
Als Beispiel habe ich mir hier die Tragfläche einer A-10 Thunderbolt im Maßstab 1/48 herausgesucht. Es handelt sich um einen Revell-Bausatz aus dem Jahr 1986, der mit einigen Makeln hinsichtlich der Passgenauigkeiten zu kämpfen hat.
Mit der aufgeheizten Klinge des Wachsspachtelgerätes kann man nun einfach das Wachs berühren. Ein wenig Wachs verflüssigt sich sofort und kriecht auf die Klinge. Mit dieser kann man das flüssige Wachs dann ganz einfach in die Spalte fließen lassen.
Wegen der Plastikteile muss man sich dabei keine Sorgen machen. Die Temperatur der Klinge reicht bei Weitem nicht aus, um das Plastik anzugreifen. Auch bei direkter Berührung passiert rein gar nichts.
Gerade beim ersten Durchgang wird allerdings beinahe zwangsläufig etwas zu viel Wachs auf die Teile geraten. Außerdem kann es vorkommen, dass sich das Wachs zu tief in die Spalte zieht, sodass es wieder zu Sinkstellen kommt. Es muss also in jedem Fall nachgearbeitet werden – einerseits, indem man mit der heißen Klinge noch einmal über die Stellen hinweggeht, andererseits indem man vorsichtig überschüssiges Wachs mit einem Zahnstocher oder einem scharfen Messer wegschabt.
Auch Schmirgelpapier tut seine Arbeit – und das sogar mit dem angenehmen Nebeneffekt, dass es nicht staubt. Allerdings verklebt das Wachs die Körnung des Schmirgelpapiers, sodass dieses binnen kürzester Zeit komplett Glatze ist. Empfehlen kann ich hier aber den Einsatz einer billigen Polier-Nagelfeile, wie man sie im 10er-Pack für kleines Geld im Drogeriemarkt bekommt. Bringt man alle Hilfsmittel im Verbund zum Einsatz, kann man nahezu perfekte Ergebnisse erzielen.
Falls man versehentlich etwas zu viel Wachs wegkratzt oder beim Schleifen einen ganzen Brocken Wachs wieder aus dem Spalt zieht: Kein Problem, einfach mit einem winzigen Tropfen neuem Wachs ausbessern.
Und wie auch bei der Spachtelmasse gilt natürlich auch hier: Weniger ist oft mehr. Wenn mit der Zeit die Routine kommt und man die Wachsmengen besser einschätzen kann, dann wird immer weniger Nacharbeit notwendig. Und auf diese Weise spart man sich jede Menge Zeit gegenüber dem herkömmlichen Spachteln und Schleifen. Dies übrigens auch vor dem Hintergrund, dass das Wachs beinahe sofort aushärtet, sobald keine Wärme mehr darauf einwirkt.
Ein weiterer Vorteil: Da kein exzessives Schleifen mehr notwendig ist, werden feine Oberflächenstrukturen der Modelle nicht mehr beschädigt oder versehentlich komplett entfernt. Darüber hinaus lässt sich das Wachs sogar komplett wieder wegkratzen, falls man einmal totalen Mist baut.
Es gibt allerdings auch Wermutstropfen. So habe ich beispielsweise immer wieder mit der Lackierung zu kämpfen. Gerade Acrylfarben wollen einfach nicht auf dem Wachs haften. Ich hatte den Tipp gelesen, die verspachtelten Stellen mit Silikonreiniger abzuwischen. Das lässt sich problemlos machen und greift auch das umliegende Plastik nicht an. Der Effekt hielt sich aber in Grenzen, denn die Farbe ließ sich später immer noch einfach wieder wegwischen bzw. blätterte bei leichter Berührung schon wieder ab. Hier ist also einiges Experimentieren mit Grundierung gefragt.
Mein Fazit:
Gerade bei Modellen, die mit groben Ungenauigkeiten zu kämpfen haben, ist das Wachsspachtelgerät ein interessantes und nützliches Hilfsmittel. Ein versnobter Modellbau-Gag? Nein, keinesfalls! Für mich hat sich die Anschaffung in jedem Fall gelohnt und ich habe eine Menge Spaß mit dem Gerät – und das, obwohl ich noch in der „Lernphase“ bin und bislang sicherlich noch keine absolut perfekten Ergebnisse erzielt habe.
Schade, dass die Firma Rai-Ro inzwischen nicht mehr existiert, da der Firmeninhaber in Rente gegangen ist. Die Firma Startec existiert aber nach wie vor und ihre Produkte sind online zu bekommen.
Ich kann jedem, der vom Spachteln und Schleifen ähnlich genervt ist wie ich, nur einen näheren Blick auf ein Wachsspachtelgerät empfehlen!